Die Schätzung basiert auf der Frühjahrsprognose der Bundesregierung, die für das Jahr 2020 als Folge der Pandemie von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um real 6,3 Prozent – und damit der schwersten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik – ausgeht. „Angesichts der Corona-Krise sind die Unsicherheiten bei der Steuerschätzung vor allem im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung groß. Wir müssen die aktuelle Situation laufend beobachten und bewerten“, erklärte Finanzministerin Doris Ahnen.
Das Land kann nach der aktuellen Schätzung mit Steuereinnahmen für 2020 von 13,299 Milliarden Euro und für 2021 von 14,759 Milliarden Euro rechnen. Für das Land ergeben sich danach Mindereinnahmen gegenüber dem Haushaltsplan 2020 von 2,026 Milliarden Euro, für 2021 sind die Einnahmeerwartungen um 875 Millionen Euro niedriger als im letzten Herbst prognostiziert.
„Auf die hohen Steuermindereinnahmen werden wir mit einem zweiten Nachtragshaushalt reagieren, der nach der Sommerpause dem Parlament zugeleitet wird. Wir werden die Kreditaufnahmemöglichkeit des Landes anheben müssen“, sagte Finanzministerin Ahnen. „Wir befinden uns in einer absolut außergewöhnlichen Situation. Mit dem ersten Nachtragshaushalt haben wir alles unternommen, um die Pandemie unmittelbar zu bekämpfen und die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Zudem wurden umfangreiche steuerliche Hilfen für betroffene Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen auf den Weg gebracht. Zusammengenommen mit den konjunkturellen Folgen der Krise ergeben sich daraus Steuermindereinnahmen in einer Größenordnung, wie wir sie noch nie in einem laufenden Haushalt verkraften mussten. Einen solchen Einnahmeverlust können wir nur über Kreditaufnahmen finanzieren und das ist auch konjunkturell sinnvoll. In der aktuellen Krise sind staatliches Handeln und eine verstetigte staatliche Investitionstätigkeit wichtiger denn je“, so die Ministerin. Die Schuldenregel ermöglicht eine entsprechende Kreditaufnahme. Der Landtag hat bereits mit dem ersten Nachtragshaushalt im Frühjahr dieses Jahres den Ausnahmefall festgestellt.
Die Corona-Krise hinterlässt ihre Spuren auch in den Haushalten der Kommunen in Rheinland-Pfalz. Nach der aktuellen Steuerschätzung sind in den kommunalen Kassen im Jahr 2020 Corona-bedingte Steuermindereinnahmen in Höhe von 638 Millionen Euro zu erwarten. Insgesamt können die Kommunen in Rheinland-Pfalz im laufenden Jahr mit 4,396 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen. Für das Jahr 2021 (4,919 Milliarden Euro) werden Mindereinnahmen von 244 Millionen Euro gegenüber der letzten Schätzung prognostiziert. Die originären Steuereinnahmen entsprechen einem Anteil von rund 40 Prozent der kommunalen Einnahmen. Beim Land hingegen sind es rund 80 Prozent der Gesamteinnahmen.
„Wir stehen in dieser Situation zu unserer Verantwortung für die Kommunen. Wir spannen einen Rettungsschirm für die Kommunen, der sie in der Krise unterstützt“, kündigte Ahnen an. Der Rettungsschirm für die rheinland-pfälzischen Kommunen besteht aus drei Elementen: der bereits ausgezahlten Soforthilfe für die kreisfreien Städte und Landkreise, dem Verstetigungsmechanismus des Kommunalen Finanzausgleichs sowie einer einmaligen zusätzlichen finanziellen Leistung des Landes zur Abmilderung der Steuerausfälle der Kommunen.
Schon im Rahmen des ersten Nachtragshaushalts haben die kreisfreien Städte und Landkreise eine Soforthilfe im Umfang von über 100 Millionen Euro erhalten. Mit dem gesetzlich bereits verankerten Stabilisierungsmechanismus sind die Kommunen zudem gegen Einnahmeeinbrüche beim Kommunalen Finanzausgleich geschützt, der immerhin rund 25 Prozent der kommunalen Einnahmen insgesamt ausmacht. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist dies eine einzigartige Regelung. Der Stabilisierungsmechanismus schützt die Kommunen 2020 vor Mindereinnahmen im Kommunalen Finanzausgleich in Höhe von rund 400 Millionen Euro, 2021 dürften es weitere 180 Millionen Euro sein.
„Wir erweitern diesen Rettungsschirm um ein drittes Element. Im Hinblick auf die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer wollen wir die Kommunen bei der Stabilisierung ihrer Finanzsituation unterstützen und einmalig die Hälfte ihrer Gewerbesteuermindereinnahmen kompensieren. Und wir erwarten, dass der Bund ebenfalls einen Beitrag leisten wird“, erklärte Finanzministerin Ahnen. Insgesamt umfasse der Rettungsschirm des Landes rund 700 Millionen Euro.
„Die prognostizierten Steuermindereinnahmen stellen alle staatlichen Ebenen vor eine große finanzielle Herausforderung. Wir werden in den kommenden Haushalten die Auswirkungen der Corona Krise spüren, sie finanziell bewältigen müssen und die Handlungsfähigkeit des Staates erhalten“, so Ahnen abschließend.